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Prof. Dr. Dres. h.c. Paul Kirchhof

6 November 2013 um 18:00 in der Alten Aula - Universität Heidelberg

Mit freundlicher Unterstützung der Manfred Lautenschläger Stiftung

Prof. Dr. Dres. h.c. Paul Kirchhof, Universität Heidelberg

Rechtsfragen der Ganzgenomsequenzierung – der Ausgleich zwischen Forschungsinteresse und Patientenschutz

In Zusammenarbeit mit dem Marsilius-Kolleg der Universität Heidelberg

 

Zusammenfassung

Unter diesem Titel werde ich behandeln:

  • die Verantwortung des Wissenschaftlers, neue Erkenntnisse zur Heilung von – auch minderjährigen – Patienten zu suchen,
  • die Verpflichtung des Arztes, seinen Patienten nach neuestem Stand von Wissenschaft und Technik zu behandeln, auch an der Verbesserung dieser Standards mitzuwirken,
  • den Schutz der persönlichen Daten des Patienten, der im Rahmen des herkömmlichen Datenschutzes nicht angemessen erfasst wird, weil die Genomsequenzierung der Forschung, zur Zeit noch weniger der Behandlung des Patienten dient, die Forschungsdaten zu zukünftigem, gegenwärtig nicht vorausgesehenem Wissen führen, das Recht des Patienten auf Nichtwissen noch nicht definiert ist, das Abschirmen der Forschungsdaten gegen das Mitwissen Unberechtigter vor technische und rechtliche Probleme stellt, der Widerruf einer Einwilligung in den Forschungseingriff bei internationaler Zusammenarbeit die Befolgung des Widerrufs sehr erschwert,
  • die Internationale wissenschaftliche Zusammenarbeit eine Lösung erforderlich macht, die den Geltungsbereich unterschiedlicher Rechtsordnungen übergreift, in den Möglichkeiten des Völkerrechts gegenwärtig aber nur unzulänglich erschlossen wird,
  • das herkömmliche Medizinrecht mit seinen Maßstäben für Diagnose, Aufklärung, Einwilligung, Behandlung lege artis und Dokumentation den Erfordernissen der Totalsequenzierung nicht genügt, sie ihnen teilweise sogar zuwider läuft,
  • das Medizinrecht im Arztgeheimnis den Arzt und seine unmittelbaren Mitarbeiter meist hinreichend schützt, der über gleiche oder mehr Forschungsdaten verfügende nichtmedizinische Forscher und deren Mitarbeiter aber ein Aussage- und Zeugnisverweigerungsrecht noch nicht haben,
  • die Institutionen (Universität, Fakultät, DKFZ, EMBL) deshalb den Forschern, von denen sie Forschungsleistung erwarten, die gebotene Rechtssicherheit geben müssen, damit nicht der einzelne Forscher die Risiken einer ungewissen Rechtslage persönlich – vor dem Zivil- oder dem Strafrichter – auszutragen hat. Notwendig ist eine Selbstgesetzgebung durch Satzung. Deklarationen wissenschaftlicher Gesellschaften genügen nicht.

Biographie

Professor Dr. jur. Dres. h.c. Paul Kirchhof, Bundesverfassungsrichter a.D.

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